Die verflossene Nacht

Aus Landschaftsgeschichten
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G´schichtl

12. Mai 1881

Die verflossene Nacht war eine peinlich verbrachte ‚Ruhezeit’. Der Schlaf floh die Augen und so mußte man immerfort das unheimliche Krachen der brechenden und fallenden Bäume hören. Wie erbärmlich. Und keine Hilfe ! Die ganze Nacht und morgens Schneefall. Morgens war er bereits an gewöhnlichen Stellen – ohne Übertreibung – einen Meter tief. Die Gebirgspassage ist vollständig abgesperrt. Der Schnee ist fast nicht zum durchwatten, er ist so schwer und fest, wie zusammengepreßt. Das Zerstörungswerk ist vollendet! Die vielen entwurzelten, zerknickten und gebrochenen Bäume gewähren einen schmerzlichen, unbeschreiblich traurigen, trostlosen Anblick. Es sieht ungleich trauriger aus als am 16. und 17. Oktober 1879 (siehe dort). Der an Bäumen, Wald und Feld angerichtete Schaden ist unberechenbar, ungeheuer groß. Die Obstbäume nahmen bei uns und überhaupt im Mittelpunkt den größten Schaden. An den Niederungen war der Schnee noch viel näßer, fiel daher von den Bäumen ab. Auf höheren Regionen war er ganz trocken, wurde daher vom Winde abgeschüttelt. Heute, etwa von 9 Uhr ab wurde es wärmer. Der Schnee begann von den Bäumen zu fallen. Es hat vom Schneien aufgehört; Trübe Sonnenblicke.

16. Mai 1881

Mehr als 40 Obstbäume sind bei uns ganz gebrochen und entwurzelt und wohl fast alle, besonders aber Zwetschken und ältere Birnbäume mehr oder weniger beschädigt. Wirklich erbärmlich.

Zielgruppe

Alle, Wetterkundler, Zeitgeschichtler, Baumschneider

Botschaft

Wenn man die Werkstatt unter freiem Himmel hat, muss man einiges ertragen können.

Zusatz-Info

Der Hof lag auf gut 500m Seehöhe.
Zwischen 400 u. 500 Obstbäume hatte der Reithbauer im Bestand.
Einige Jahre später setzte er in einem Herbst 52 Bäume nach.

Quelle

Original aus dem Tagebuch von Leopold Daurer, Reithbauer in Reinsberg, 2013, Eigenverlag Franz Höbarth (Urenkel)