Die andere Geschichte vom steinernen Kornmandl und seinen Begleitern

Aus Landschaftsgeschichten
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Gschicht´l

Das Steinerne Kornmandl 2016
Blick aufs Kornmandl 2016 - von den gesprengten anderen zwei Kornmandl aus
Das Steinerne Kornmandl Juli 2016

Wenn man den Herzsteinweg entlangwandert, erblickt man unterhalb der Steinformation von Totenkopf und Drachenstein inmitten eines Getreideackers neben dem Haus Piretsteiner einen ungewöhnlichen Granitrestling, der wie eine steinerne Pyramide aus dem Feld ragt. Dieser Fels ist weitum berühmt als das „steinerne Kornmandl“. Durch seine außergewöhnliche Form hat er immer schon die Fantasie der Menschen angeregt. Eine bekannte Sage erzählt davon, wie sich vor langer Zeit die zu Kornmandln gebundenen Getreidegarben des steinigen Ackers unter den Flüchen des zornigen Bauern, der die magere Ernte verfluchte, zu Stein verwandelten.

In dieser Sage wird von zwei steinernen Kornmandln berichtet. Seit vielen Jahren findet man an diesem Ort allerdings nur mehr eines davon, welches mit ungefähr dreieinhalb Metern Höhe das größte von allen ist. Bis in die 50er-Jahre habe es sogar drei Kornmandln gegeben, das wissen aber nicht mehr viele Leute. Hans Pichler hat den dritten Stein, welcher in westlicher Richtung lag, noch an Ort und Stelle im Feld gesehen, als er ein kleiner Bub war - beim Heidelbeerpflücken am Weißenberg. Auch in der Nochilinga-Chronik ist von zwei Kornmandln die Rede. Hier finden wir auch den Hinweis, dass eines davon leider einer Sprengung zum Opfer gefallen ist. Offenbar ist dies auch mit dem dritten Kornmandl (West-Stein) geschehen. Dieses wurde aber von den Einheimischen nicht als solches erkannt, da es kleiner war und nicht so eine ungewöhnliche Form wie die anderen beiden hatte. Da der Stein beim Ackern im Weg war, wurde er etwa in den 1950ern-1960ern als erster gesprengt. Die Bruchstücke kann man heute noch am südseitigen Waldrand aufgereiht liegen sehen.

Der Grund für das Wegsprengen des zweiten Steins (Süd-Stein) lag im Zorn des Bauern nach einer Wirtshausstreiterei: „Eich zag i´s, eich spreng i den Stoa weg!“

Die Rechtfertigung könnte dann folgendermaßen geklungen haben:

„Wann mi' de Leut sekkiern, schoit't bei mir aus des Hirn.
Spreng' i' den Stoa' sodann, dass de andern a nix hom!“

© Hans Pichler

Den dritten Stein – die heute noch existierende Steinpyramide - wollte er ebenfalls sprengen; dies wurde vom Pfarrer und vom Bürgermeister von St. Oswald durch gutes Zureden gerade noch verhindert. Ein Ortsbewohner hatte den Bauern zufällig beim Anbohren des Steins für das Anbringen der Sprengladungen erwischt.

Diesem Zufall ist es zu verdanken, dass wir heute noch das steinerne Kornmandl mitten im Kornfeld bewundern können.

Zusatzinformation

Welche Bewandtnis kann es wirklich mit ihm haben? Vermutlich handelte es sich um Kalendersteine. Anhand des Sonnenstandes konnten die Tag- und Nachtgleichen und die Wintersonnenwende genau bestimmt werden. Dies war für die Menschen, deren Lebensrhythmus und Spiritualität sich nach den Erscheinungen der Natur und nach dem Sonnenstand richtete, von großer Bedeutung.

Die heute noch existierende Steinpyramide wurde mit Sicherheit von Menschen bearbeitet und nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet aufgestellt. Sie diente als Zeigerstein, welcher bei Sonnenaufgang seinen Schatten auf den Kalenderstein im Westen warf (Ost-West-Achse). Von ihm aus gibt es ein schönes Echo zum Wald hinüber. Es dürfte somit auch als Echostein gedient haben.

Der kleinere Kalenderstein im Südosten könnte zur Bestimmung der Wintersonnenwende gedient haben, indem er den Punkt anzeigte, an welchem die Sonne am kürzesten Tag des Jahres aufgeht, bevor die Tage wieder länger werden.

Pfarrer Hans Wick (1938 – 1975 Pfarrer von Altenmarkt, gest. 1984) hat dies in Anlehnung an die Waldviertler Schalensteinforscher Reil und Schütt festgestellt. Pfarrer Hans Wick hat ab den 50er-Jahren die Schalensteine und vorchristlichen Kultstätten des südlichen Waldviertels erforscht. Seine Überlegungen dazu hat er handschriftlich in Kurrentschrift verfasst. Dazu existieren genaue Zeichnungen, von denen man viele im Heimatmuseum Yspertal betrachten kann.

Bis zu 100 Tonnen schwere Steine wurden in der Vorzeit bearbeitet und gerichtet (in Position gebracht). Dies geschah vermutlich schon, als in der späten Altsteinzeit Menschen in unserem Gebiet unterwegs waren.

Quelle

Hans Pichler, Hofedl, aufgezeichnet von Gerda Wolf, St.Oswald