Rotzbeeren

Aus Landschaftsgeschichten
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Die Samenmäntel der Eibe enthalten einen zähflüssigen Saft. Foto: Stefan Vornegger
Samen der Eibe. Foto: Eva Karner-Ranner
Samen der Eibe. Foto: Christina Nagl


G´schichtl

Wisst ihr, was Rotzbeeren sind? Klingt nicht gerade verlockend und ich würde euch ehrlich gesagt auch nicht raten, sie zu kosten! Im Ötschergebiet findet man in Schluchtwäldern noch welche, auch wenn sie schon selten geworden sind. Das Holz des Baumes, auf dem sie wachsen, war nämlich früher sehr begehrt. Werkzeuge, Zäune und Waffen wurden daraus gemacht – sogar Ötzi trug auf seiner letzten Wanderung einen Bogen aus diesem Holz bei sich.

Rot leuchten sie im Dunkel des Waldes, und vielen Menschen sind sie unheimlich, weil ihr Baum in allen seinen Teilen stark giftig ist – nur nicht die roten „Rotzbeeren“.

Jetzt wisst ihr sicher schon, welchen Baum ich meine: Die Eibe ist es mit ihren roten Beeren, die für den Botaniker eigentlich keine Beeren sind, sondern fleischige „Samenmäntel“.

Warum sie Rotzbeeren heißen – das überlasse ich gerne eurer Fantasie! Oder versucht einmal, eine zwischen den Fingern zu zerquetschen, dann ist alles klar!

Mein Vater hat sich als Schulbub jedenfalls nicht davon abhalten lassen, von einem prächtigen Baum ganz hinten im Lueggraben bei Scheibbs fleißig zu naschen. Den gleichen Baum hat er uns bei unseren Ausflügen 50 Jahre später gezeigt – inzwischen mit einem Hochstand bestückt, aber sonst unverändert. Er hat aber auch gewusst, dass man keinesfalls den Kern mitessen darf, sondern jedenfalls ausspucken muss – der ist genau wie das Holz, die Äste und die Nadeln sehr giftig! Also wirklich Vorsicht und die Rotzbeeren besser den Drosseln überlassen, die sie sehr gerne fressen!

Zielgruppe

Kinder, botanisch Interessierte

Broschüre: "ab 6 Jahren"

Anwendung: Herbst

Botschaft

Die Eibe ist eine giftige Baumart, die in Mitteleuropa selten, im Ötschergebiet aber noch zu finden ist.

Zusatz-Info

So mancher Flurname, z.B. Eibenboden in der Urmannsau, leitet sich von dieser Pflanze ab.

Der Samenmantel oder Arillus der Eibe ist bei vielen Vögeln sehr beliebt, vor allem bei den waldbewohnenden Drosseln Misteldrossel, Singdrossel, Amsel. Die Vögel sorgen so für die Verbreitung der Samen, da sie diese mitfressen, aber unverdaut wieder ausscheiden. Eiben stehen im Ötschergebiet im Unterwuchs der Fichten-Tannen-Buchenwälder, sie mögen es schattig, aber auch nicht gar zu finster. Meist findet man sie an für die Forstwirtschaft unzugänglichen Stellen in steilen Hangwäldern oder in Schluchten.

Für Pferde und Rinder sind die Nadeln sehr giftig, Rehe dagegen können mit dem Gift besser umgehen.

Eiben sind zweihäusig, das heißt, dass es männliche und weibliche Bäume gibt – die rotzbeerentragenden Bäume sind also die "Weibchen"! Eiben wachsen sehr langsam und können sehr alt werden – 50 Jahre sind fast nichts für eine Eibe!

Das sehr harte und dichte Holz der Eibe wurde für Werkzeuge und Waffen verwendet – im Mittelalter z.B. für Armbrüste – durch diese gezielte Nutzung wurden die Bestände der langsam wachsenden Eiben stark reduziert. Auch wurden sie manchmal bekämpft, um die Pferde vor Vergiftung zu schützen.

Dazu noch eine kleine Zusatzgeschichte, die vom mangelnden "Naturwissen" mancher Biologiestudenten zeugt: Den Versuchsgarten der Universität Wien im Augarten umschloss eine alte Eibenhecke. Bei einer Lehrveranstaltung konnte der Professor eine Studierende nur knapp davon abhalten, einen frischen grünenden Trieb als "Maiwipferl" zu kosten – sie glaubte entweder, eine Fichte vor sich zu haben oder dachte, dass man die Frühlingstriebe aller Nadelbäume bedenkenlos essen kann. Beinahe ein fataler Irrtum!

Quelle

Eva Karner-Ranner