Städtische Tagestouristen

Aus Landschaftsgeschichten
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G'schichtl

Städtetouristen bleiben meist nicht lange. Kurze Aufenthaltszeiten und relativ geringe Nächtigungszahlen sind typisch für urbane Tourismushochburgen wie Salzburg oder Innsbruck. Ob Japaner, Inder oder Amerikaner, die Sehenswürdigkeiten unserer Alpenstädte sind offenbar an einem Tag abzuhaken. Nächtigungen sind kaum vorgesehen! Wer kann es da heimischen Bergbewohnern verdenken, wenn sie es den Überseebesuchern gleichtun? In vielen Siedlungen des Alpenraums gibt es in der Wintersaison eine ganz besondere Sorte von Tagestouristen, die allerdings mitunter täglich wiederkehren: Alpendohlen. Die liebevoll auch als Jochrappen bezeichneten, munteren Schwarzröcke sind jedem Bergwanderer und Skitouristen als Gäste um Bergrestaurants und Seilbahnstationen wohl bekannt. Wo aber dieses winterliche Futterangebot in den Bergen fehlt oder mangelt, haben sich diese findigen, neugierigen Krähenvögel eine raffinierte Strategie zugelegt, um den harten Bergwinter zu überstehen. Sie pendeln einfach aus den Bergen, wo sie in geschützten Felswänden ihre Schlaf- und (später) Brutplätze haben, zu einem täglichen „Einkaufstripp“ in darunter liegende Siedlungen. Besonders in größeren Orten und Städten mit ihren Hinterhöfen, Futterbrettern, Shoppingzentren, Parkanlagen, Müllkippen usw. finden sie einen reich gedeckten Tisch. Außerdem lässt sich da auf Großbauten prächtig rasten und an den Kunstfelsen der Hochhäuser wunderbar segeln. In Innsbruck haben wir diese Tagesausflügler ausführlich studiert. Vor allem von Oktober bis April halten sich mitunter bis über 1000 Alpendohlen in der Innstadt auf. Das Eintreffen der Trupps ist ein explosiver Prozess. Frühmorgens fallen die Dohlen im Sturzflug von den Berggipfeln des Karwendels aus in die Stadt ein. In wenigen Sekunden überwinden sie über 2000 Höhenmeter und verteilen sich in Trupps von bis zu 300 Vögeln über das Stadtgebiet. Die Aufenthaltsdauer in der Stadt schwankt vom Herbst bis ins Frühjahr und hängt auch von der Schneehöhe im Gebirge ab. Hohe Schneelage bedeutet längere Einkaufstour. Bei milden Verhältnissen aber halten die Dohlen das nervige Stadtgetriebe nur wenige Stunden aus. Meist schon um Mittag kreisen sie dann wieder bergwärts. Citynächtigungen sind nicht vorgesehen, Bergluft ist halt doch gesünder!


Zusatzinfo

Hinweise auf die Nutzung bäuerlicher Obstgärten durch die Alpendohle im Herbst; Charaktervögel um Almhütten und der alpinen Kulturlandschaft.

Quelle

Original von Armin Landmann (AviWiki)

  • Stelzel, I. (1999): Die Alpendohle als Wintergast in Innsbruck, Tirol. Diplomarbeit Univ. Innsbruck, 144 pp.
  • Stelzel, I. & A. Landmann (2000): Ber. nat. med. Verein Innsbruck, 87: 307-326.