Jäger des verlorenen Urins

Aus Landschaftsgeschichten
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G'schichtl

Kein anderer Greifvogel hat sich so in die Nähe des Menschen gewagt wie der Turmfalke. Nicht nur in Feld und Wiese, auch mitten in der Stadt ist er recht häufig. Dort macht er seinem Deutschen Namen alle Ehre, brütet er doch bevorzugt in Türmen von Burgen und Kirchen. Seinen wissenschaftlichen Namen hat er sich aber anderweitig verdient, denn seine hellen, lauten „kikikikiki“- Rufreihen, haben ihm die Bezeichnung: „tinnunculus“, eingebracht, was so viel heißt, wie „klingend“, „schellend“.

Gerühmt werden Falken aber nicht für ihr „Turmgeläute“, sondern für das sprichwörtlich gute Sehvermögen. Man sagt ja nicht umsonst lobend: “Der hat Augen wie ein Falke“! Die Leistungsfähigkeit und Größe eines Falkenauges kann man sich mit einem eindrucksvollen, wenn auch etwas hinkenden, Vergleich vergegenwärtigen. Ein in Wirklichkeit nicht einmal acht Gramm schweres Menschenauge müsste etwa 1,2 Kilogramm wiegen, um in seiner Dimension dem Falkenauge zu entsprechen!

Dabei sind aber andere Meisterleistungen des Greifvogelauges noch nicht berücksichtigt. Turmfalken können - wie viele andere Vogelarten- zum Beispiel auch UV Licht sehen. Und diese Fähigkeit setzen sie auf ganz verblüffende Art und Weise bei der Jagd nach Wühlmäusen ein, die den Landwirt ja hoch erfreut. Im typischen Rüttelflug suchen Turmfalken hoch konzentriert den Boden nach Beute ab. Nicht nur nach Mäusen, denn unser „tinnunculus“ erbeutet auch Singvögel und Eidechsen, Heuschrecken oder Käfer. Mäuse aber sind und bleiben eindeutige Lieblingsspeise. Den Mäusereichtum eines Feldes oder einer Wiese können Turmfalken aber aus der Luft selbst ohne direkte Maussichtung beurteilen. Denn Mäuse benutzen keine Urinale, sondern erleichtern sich jederzeit und ungeniert in Feld und Flur. Unvorsichtig! Denn Mäuse-Urin leuchtet im UV-Bereich und dieses herrliche Pisssignal lockt Mäuse jagende Falken offenbar magnetisch an!

Zielgruppe

Vogelinteressierte, Naturinteressierte

Zusatz-Info

Der Turmfalke ist ein bedeutender Mäusejäger. Seine Zahl hat in den vergangenen Jahren mancherorts in Mitteleuropa um 20–50% abgenommen. Förderungsmöglichkeiten: Belassen von Hecken, einzelnen Bäumen und Pfählen, die der Vogel als Ansitz für die Jagd nutzen kann. Zusätzlich Verlust nutzbarer Brutplätze durch Dachausbau, Fassadenerneuerung und Wärmedämmung. Durch künstliche Nisthilfen oder Offenlassen von kleinen Spalten, die für Straßentauben zu schmal sind, kann Abhilfe geschaffen werden.

Quelle

verfasst von Armin Landmann (AviWiki)

  • Glutz von Blotzheim, U.N & K.M Bauer: Handbuch der Vögel Mitteleuropas Bd.4, 1971 Aula (und diverse Fachquellen).