Grillen aussakitzeln

Aus Landschaftsgeschichten
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G'schichtl

Beim Treidlhaus gibt es eine Wiese direkt neben dem Haus, die heißt die "kloane Leitn". Wie der Name schon verrät, ist diese "Leitn" sehr steil und südseitig exponiert. Auf Grund ihrer Steilheit wurde sie nie gedüngt, weswegen sie sehr artenreich ist. Viele verschiedene Pflanzen und Insekten tummeln sich dort. Es gibt auf der Leitn auch sehr viele Grillen die wegen der wärmeexponierten Lage oft schon im April auftauchen.

Als Kind war es eine meiner Lieblingsbeschäftigungen, Grillen herauszukitzeln. Das war gar nicht so einfach - sobald man sich einem Loch näherte, hörten sie gegebenfalls zu zirpen auf und krabbelten eilig in ihren kleine Bau zurück. Die höchste Erfolgsrate bei der Grillenjagd hatte ich bei warmen, sonnigem Wetter. Dann, wenn der Thymianduft in der Luft liegt.

Will man eine Grille herauskitzeln, braucht man das nötige "Werkzeug" und etwas Geduld. Aus Erfahrung weiß ich, dass man die kleinen Insekten am besten mit einem Grashalm herausbekommt. Dabei ist es wichtig, dass dieser nicht zu hart ist, weil man die Grille damit sonst sehr leicht verletzen kann. Zu kurz und zu weich darf er aber auch nicht sein - sonst bekommt man den Halm nicht bis ans Ende des Ganges und erreicht somit auch die Grille nicht.

Mit dem richtigen Grashalm bewaffnet schreitet man zur Tat. Man sucht sich ein ideales Loch, in dem nachweislich eine Grille wohnt, und schiebt den Halm ganz vorsichtig am "Boden" der Grillenhöhle entlang, bis man einen Widerstand spürt. Ein bisschen drehen und nach vor und zurück schieben und schwupdiwup - kommt die Grille meist sehr schnell herausgekrabbelt. Die meisten laufen gleich wieder rein oder ein Stückchen vom Loch weg. Manche Grillen aber beißen in den Grashalm, andere laufen weiter vom Loch weg (oft in ein fremdes, bereits besetztes Loch - natürlich ohne Erfolg) und wieder andere kommen erst mal gar nicht raus. Nach erfolgreicher Kitzelei kann man die Grille dann fangen, aber Vorsicht - die können auch zwicken.

Sehr sehr gerne habe ich meine Opfer damals in ein Marmeladenglas gesperrt um sie besser beobachten zu können. Bis ich eines Tages voller Entsetzen feststellen musste, dass zuviele Grillen in einem Glas zu raufen beginnen und sich sogar das eine oder andere Bein gegenseitig abbeißen. Nach dieser eher negativ behafteten Erfahrung habe ich nie wieder Grillen in ein Glas gesperrt, sondern mich lediglich aufs rauskitzeln beschränkt. Grillen rauskitzeln ist zwar für das Tier nicht besonders angenehm, aber hin und wieder überkommt es mich auch heute noch und ich sitze wie damals - oft gemeinsam mit meinem Sohn - vor den Löchern und kitzle sie heraus.

Botschaft

Kindliche Erfahrungen in der Natur prägen nachhaltig und bleiben ewig als lebendige Erinnerungen erhalten. Extensiv bewirtschaftete Flächen, südseitige Hänge und Gstettn sind wertvolle Lebensräume für zahlreiche Pflanzen und Tiere. Die restlichen Bestände zu erhalten wäre wünschenswert, damit auch nachfolgende Generationen unsere schöne, artenreiche Landschaft in dieser Form erleben dürfen.

Zusatzinfo

Grillen sind mit den Heuschrecken verwandt. Sie können nicht richtig hüpfen, aber dafür schnell laufen. In einem Grillenloch wohnt immer nur eine Grille. Lediglich die Männchen können zirpen und werben so um die Gunst eines Weibchens. Das Gezirpe kann sehr laut sein (bis zu 100 Dezibel) und erfüllt oft die eine oder andere laue Sommernacht. Am wohlsten fühlen sie sich auf extensiv bewirtschafteten Flächen - an sonnigen Hängen. Pro Natura (Umweltschutzorganisation) hat das Insekt 2014 zum Tier des Jahres ernannt - nicht wegen dem Gezirpe sondern wegen dem zunehmenden Verlust ihres Lebensraumes (Zersiedelung, Intensivierung der Landwirtschaft bzw. Verbuschung nicht mehr bewirtschafteter Hänge). Dieser Lebensraumverlust aber auch viele andere Faktoren tragen dazu bei, dass der Artenreichtum in unserer Tier- und Pflanzenwelt verloren geht.

Quellen

Doris Wimmer, St.Oswald