Die zierlichen Palmbuschen

Aus Landschaftsgeschichten
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G'schichtl

Beim Einzug Jesu in Jerusalem, so beteuern es uns die Evangelienschreiber, huldigten die Menschen dem Gottessohn und warfen als Zeichen großer Ehrfurcht Palmenzweige und auch Gewänder auf den Weg und der Esel, auf dem Jesus ritt, trat darauf. Er wurde so zum Palmesel, der Jahrestag wurde zum Palmsonntag, die nachgestellte Prozession zur Palmprozession und die Weihe der Osterruten zur Palmweihe. Dieses Musterbeispiel an Volksfrömmigkeit hat nur einen kleinen Schönheitsfehler: in Mitteleuropa gibt es gar keine Palmen! Ein vorchristliches Symbol der Wiederauferstehung und des Neubeginns der Vegetationsperiode war die auffällige Blüte der Weide. Die musste kurzerhand als Palmenersatz herhalten, hieß fürderhin Palmweide (manchmal verkürzt auch nur: der Palm) und die männlichen Blütenstände wurden zu den Palmkätzchen. Während man im Voralpengebiet und im Alpenvorland möglicht große Kätzchen für die österliche Palmweihe auswählte, ging man im Hochland von Bärnkopf den umgekehrten Weg. Man wählte für die regionstypischen Palmbuschen, die Weiden mit den kleinsten Kätzchen, die man finden konnte und so kommt es, dass die Bärnkopfer Palmbuschen zu den zierlichsten Ausführungen zählen. Die Wahl viel dabei auf die Ohr-Weide und weil sie so zart ist, sollte man sie besser Öhrchenweide nennen.

Zusatzinfo

Die Wahl dieser Weidenart sagt sehr viel über die standörtlichen Rahmenbedingungen von Bärnkopf aus. Über dem mächtigen Granitrumpf aus Weinsberger Granit gibt es nur flache, oberflächennahe Grundwasservorräte, die sich in Vernässungswiesen, Mooren und Wäldern mit ausgeprägten Nassgallen zeigen. Hier ist die Ohrweide besonders konkurrenzstark und daher häufig anzutreffen.

Quelle

mündliche Mitteilung von Karl Grudl und anderen Bürgern aus Bärnkopf.