Die alte Regerl

Aus Landschaftsgeschichten
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G´schichtl

Vor langer Zeit lebte einmal eine alte Frau in Lackenhof, die die Leute nur die "Wurzelgraber Regerl" nannten. Sie war eine Meisterin im Wurzelgraben.

Eines Tages suchte die Regerl die Gegend am Ötscher nach Kräutern und Enzianwurzeln ab. Durch den Nebel, der wie aus dem Nichts aufkam, verirrte sie sich hoffnungslos in den Felsen. Ihre lauten Hilferufe verhallten ungehört, doch plötzlich lichtete sich der Nebel und vor ihr standen drei wunderschöne Frauen. Sie erschrak, fasste aber all ihren Mut zusammen und fragte ob die Damen ihr nicht den Weg zeigen könnten. Diese antworteten: "Gerne werden wir dich auf einen sicheren Pfad geleiten. Du bist uns ja nicht unbekannt!" Sie führten sie zu einem Felsen und zauberten einen großen Goldapfel hervor. "Mit jedem Bissen, den du isst, wirst du um ein Jahr jünger!" Die Regerl, nicht scheu, kostete und aß Bissen um Bissen. Und tatsächlich, sie wurde jünger und jünger. Aus 68 Jahren wurden 50 und aus 50 wurden schnell 9. Doch so recht glücklich mochte die 9-jährige Regerl nicht sein. "Ach, was fang ich auf dieser Welt nur an?", rief sie schluchzend. "Was bin ich für ein eitler Narr. Wär ich doch bei meinen 68 Jahren geblieben, hätt ich doch wenigstens auf ein baldiges Wiedersehen mit meinen Lieben im Himmel hoffen können!" Die drei geheimnisvollen Frauen stellten die arme Regerl nun vor die Wahl - jugendliche Schönheit, oder so alt wie zuvor. Und die junge Regerl entschied sich fürs Alter: "Ich habe in erster Freude nicht daran gedacht, dass durch euren kostbaren Zauberapfel meine lieben Toten nicht mehr lebendig werden!"

Kaum ausgesprochen, erwachte die Regerl auf der Bank vor ihrer Hütte in Lackenhof. Einzig die Goldmünzen am Boden ihres Kräuterkorbs gaben ihr die Gewissheit nicht geträumt zu haben. Kräuter und Wurzeln musste sie ab dem Zeitpunkt keine mehr sammeln. Nur Äpfel wollte sie nie wieder essen...

Zielgruppe

alle

Botschaft

Über die Region rund um den Ötscher.

Zusatz-Info

Quelle

Iolanthe Hasslwander: Märchen und Sagen aus dem Ötscherland. Steyr: Ennsthaler, 1982.

Verfasst von Marlene Palka