Die Frau Perscht und ihre Zodawascherln

Aus Landschaftsgeschichten
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G'schichtl

Jedes Jahr in der dritten Rauhnacht vor Dreikönig geht im Ötschergebiet die Frau Perscht um. Mit ihren Zodawascherln, den ungetauften Kinderseelen, sucht sie ein Bauernhaus und ein Einschichthäusl nach dem anderen auf. In Vorbereitung auf die Rauhnacht wird die Perschtmilch zubereitet – eine Milchsuppe mit eingebrocktem Brot. Die kommt am Abend in einer großen Schüssel auf den Tisch und der ganze Haushalt isst gemeinsam aus der Schüssel. Eine gute Portion muss man aber überlassen und vor die Haustür stellen, denn die Frau Perscht und die Zodawascherln brauchen auf ihrer Reise durch das Ötscherland Stärkung. Der Beweis, dass das alles keine erfundene Geschichte ist: In der Früh ist die Milchschüssel jedes Mal leer...

Ebenfalls wichtig als Vorbereitung: Der Heuboden muss schön gekehrt sein, die Rechen, Heugabeln und Hüfastecken ordentlich auf den Dachbalken verstaut. Denn die Perscht und ihre Zodawascherln tanzen auch auf dem Heuboden und weil sie alle barfuß unterwegs sind, würden sie sich an herumliegenden Geräten verletzen. Auch Wäsche darf man in diesen Nächten auf dem Dachboden nicht aufhängen, denn da bleiben die Zodawascherln drinnen hängen. Und wieder der Beweis: Wer hat auf seinem Heuboden oder Dachboden noch nie ein lautes Gepolter gehört, als ob eine ganze Schar Zodawascherln tanzen würde...

Zielgruppe

Alle

Zusatz-Info

Über die vor die Tür gestellt Perschtmilch freut sich die Hofkatze. Teilweise wird die Perschtmilch auch im Haus stehen gelassen – damit die Kinder nicht den Glauben an die Frau Perscht verlieren, steht angeblich manchmal die Mama oder die Oma in der Nacht auf und isst sie auf. Als nächtliche Störenfriede, die auf dem Dachboden oder dem Heuboden in der Nacht Lärm wie eine tanzende Horde Zoderwascherln machen, kommen im Ötschergebiet vor allem zwei Säugetierarten in Frage: Erstens der Siebenschläfer, der gerne auch auf Dachböden wohnt. Er hält aber, wie der Name schon sagt, von Oktober bis Mai (also 7 Monate) Winterschlaf und rumort vor Dreikönig sicher nicht herum. Der Steinmarder, der zweite häufige Dachbodenbewohner, hat seine Ranzzeit, zu der er am lautesten ist, eigentlich im Sommer. Er hält aber keinen Winterschlaf und zu Mittwinter sind die Mäuse auf dem Dachboden sicherlich leichter zu erjagen als draußen im Freien. Deshalb kommt er als Lärmverursacher vor Dreikönig bei der Mäusejagd durchaus in Frage.

Quelle

Eva Karner-Ranner

sagen.at: Die Frau Perchtl