Der verführerische Duft von frischem Heu

Aus Landschaftsgeschichten
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G´schichtl

Wenn wir früher das Heu einbrachten und per Heugebläse auf dem Heuboden einlagerten, ermahnte mein Vater uns Kinder immer "Schloft´s jo net im frischn Hei, sunst werd´s nimmer munter!" Eingeschüchtert nahmen wir uns den Ratschlag stets zu Herzen, auch wenn der Duft des frischen Heues schon sehr verlockend gewesen wäre und müde genug für ein Schlaferl im weichen Groamat (das Heu vom 2. oder 3. Schnitt) wären wir vom Rennen mit dem schweren Rechen allemal gewesen. Unsere Tante Hermi aus der Schweiz kam jeden zweiten Sommer zu Besuch, für meine Eltern oft eher eine Heimsuchung wegen ihres rechthaberischen Gemüts. Sie ignorierte oft die Warnung vor dem frischen Heu, genoss ein tiefes ausgiebiges Nickerchen auf dem duftenden Heustock und jammerte hinterher über einen ordentlichen Brummschädel. So hatte die Tante die Glaubwürdigkeit meines Papas untergraben, erreichte bei uns Kindern Heldenstatus, weil sie das Heubett überlebt hatte und fühlte sich hinterher wie nach einer durchzechten Nacht.

Erst als ich letztes Jahr das Ruchgras kennenlernte und den enthaltenen Pflanzenstoff Cumarin, ergab die Warnung meines Papas plötzlich Sinn. Auch einige Kleearten und andere Schmetterlingsblütler, wie zum Beispiel mein Blauregen, enthalten den aromatischen Stoff. Wenn die Glycine blüht, ist sie eine wahre Pracht, kann aber innerhalb kurzer Zeit für Schwindel und Übelkeit sorgen, wenn man sich in unmittelbarer Nähe aufhält.

Zielgruppe

alle

Botschaft

„Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis macht's, daß ein Ding kein Gift sei.“ Paracelsus

Zusatz-Info

Cumarine sind sekundäre Pflanzenstoffe, die in Ruchgras, Waldmeister, Steinklee und anderen Schmetterlingsblütlern enthalten sind. In größeren Mengen aufgenommen verursacht Cumarin heftige Kopfschmerzen, Erbrechen, Schwindel und Schlafsucht. Noch höhere Dosen können zu zentraler Lähmung, Atemstillstand und Koma führen. Daneben werden im Tierversuch Leber- und Nierenschädigungen beobachtet.

Quellen