Der höflichste Vogel der Welt

Aus Landschaftsgeschichten
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G´schichtl

Wenn im Mai früh morgens die meisten Menschen schlafen, ist ein Vogel bereits hell wach und trägt seinen Gesang vor. Er vereint sanfte und raue Töne, und bleibt dabei immer höflich. Er singt:

"Sieh-, sieh-, sieh-, siehst du mich nicht?

Hie-, hie-, hierr bi-, bin ich doch!"

Nein, vor Sonnenaufgang ist der kleine Insektenjäger im dämmrigen Licht schwer auszumachen, wir sehen ihn nicht! Nur hin und wieder blitzt sein feuerfarbener Schwanz im Lichtkegel einer Straßenbeleuchtung auf. Und trotzdem bleibt er höflich, auch wenn man ihn nicht sieht. Bei Sonnenaufgang tritt er dann endlich ins Rampenlicht. Er kommt angeflogen, setzt sich auf einen Dachfirst, macht höflich eine Kniebeuge und trägt sein knirschendes Lied voller Respekt vor.

Besonders eindrucksvoll sind die Burgherren unter ihnen: in den Steinnischen von alten Burgmauern finden sie ideale Bedingungen zum Brüten, daher gibt es kaum eine Burg oder Ruine ohne sie! Wenn sie dann auf der Burgmauer sitzen, ihren Knicks machen und ihren Minnegesang vortragen, hat es fast schon etwas Magisches.


Und um welchen Vogel handelt es sich nun? Um den Hausrotschwanz!

Zielgruppe

Alle

Botschaft

Jede Vogelart hat charakteristische Merkmale. Der Hausrotschwanz lässt sich an seinen knirschenden Gesangselementen und seinen höflichen Knicksen eindeutig identifizieren. Zudem haben sie unverkennbare, rot-orange Schwanzfedern.

Zusatz-Info

Der Hausrotschwanz (Phoenicurus ochruros) ist ein Insektenfresser, der sein Aktivitätsmaximum in den frühen Morgen- und späten Abendstunden hat. Als Kulturfolger ist er besonders in menschlichen Siedlungen anzutreffen. Ursprünglich brütete der Hausrotschwanz im Gebirge, im Laufe der Zeit hat er sich aber an den Menschen gewöhnt. Im April baut der Halbhöhlenbrüter ein Nest aus Gras, Moos und Haaren, das er in dunklen Nischen gut versteckt. Der Gesang beinhaltet charakteristische, knirschende Elemente und wird von Warten aus vorgetragen.

Quelle

Original von Christina Nagl

Philipp, K. 2004. Vogelstimmen an den Volksmundversen erkennen. Fauna Verlag, Nottuln.