Der Ötscherbär

Aus Landschaftsgeschichten
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G´schichtl

Die Gegend um Ötscher und Dürrenstein war schon immer Bärengebiet. Zahlreiche Flur- und Geländebezeichnungen zeugen davon. So gibt es beim Ötscher die Bärenlacken und den Bärengang, zwischen Zellerrain und Dürrenstein findet man die Bärwies und Bärtanne, den Bärenrißsattel und Bärensteingraben.

Lange Zeit gab es rund um den Ötscher ausgedehnte Urwälder, in die der Mensch nur selten vordrang. Doch seit dem 18. Jahrhundert wurden auch die entlegensten Waldgebiete vom Menschen besiedelt. Dadurch kam es immer öfter zu Konflikten mit den Bären. Diese Siedler waren Holzknechte oder Keuschner (Kleinhäusler) und hatten nur ein oder ein paar Stück Vieh für den Eigenbedarf. Wenn ein Bär nur ein Schaf oder die einzige Kuh riss, so war das existenzbedrohend. Daher wurden die Bären oft gnadenlos verfolgt.

In der Nacht zum 22. Juni 1842 wurde der vermeintlich letzte Bär vom Jäger Max Reiter auf einer Weide am Rücken des Zwieselberg bei Neuhaus erlegt, nachdem er ein Kalb gerissen hatte. Es war dies aber doch nicht der letzte Bär, denn noch Anfang der 1850er Jahre wurde zwischen Hochkar und Ötscher auf einen Bären Jagd gemacht. Dieser wurde dann 1853 auf der Feldwiesalm als der endgültig letzte im Ötschergebiet heimische Bär erlegt.

Nach der Ausrottung der Bären kam es immer wieder zu Einwanderungen einzelner Jungbären auf alten Bärenrouten aus dem Süden. So wurde 1920 im Gebiet zwischen Türnitz, Schwarzenbach, Annaberg und St. Aegyd am Neuwald ein Bär festgestellt und 1966 fand man eine Bärenfährte im Wienerwald bei Böheimkirchen.

1972 wanderte ein junger männlicher Braunbär aus Slowenien über die Steirischen Randalpen ins südliche Niederösterreich ein. Im Frühjahr 1973 wurde die Fährte des Bären bei Frankenfels und Gaming gefunden. Im Sommer hatte der Bär das Ötschergebiet erreicht und im Oktober wurden im Rothwald erste Fährten festgestellt. Der Bär ließ sich schließlich im Gebiet zwischen Ötscher und Dürrenstein nieder und wurde bald als ”Ötscherbär“ bekannt.

Unter Naturschützern und Jägern stieg das Interesse an den Bären, und so entstand die Aktion Bärwild des Niederösterreichischen Landesjagdverbandes und schließlich das Projekt Braunbär des WWF, das die Wiederansiedelung des Braunbären im Ötschergebiet zum Ziel hatte.

Im Rahmen dieses Projekts wurden zwei junge Bärenweibchen aus Kroatien und Slowenien ins Ötschergebiet gebracht. Da die freigesetzten Jungbären mit Halsbandsendern ausgestattet waren, konnte ein umfangreiches Monitoring der Bären durchgeführt werden.

Am 9. Juni 1989 wurde die Bärin Mira im Rothwaldgebiet freigesetzt. Sie hatte sich bald in ihrer neuen Heimat eingelebt und mit dem Ötscherbären Kontakt aufgenommen, denn bereits im Juni 1992 konnte sie im Oisgraben mit drei Jungen beobachtet werden. Am 29. Juni 1992 wurde die zweite Bärin Cilka freigesetzt. Sie war im ersten Jahr auf weiten Wanderungen zwischen dem oberösterreichischen Sengsengebirge, Amstetten, Mürzzuschlag und Leoben unterwegs und wurde erst allmählich im Ötschergebiet sesshaft.

Im Jahr 1993 gab es insgesamt fünf junge Bären (drei von Mira, zwei von Cilka) und am 11. Mai wurde noch ein junges Männchen mit dem Namen Djuro ausgesetzt. Mira verunglückte leider im Herbst 1993 tödlich und ihre Jungen mussten als Waisen den Winter überstehen. Sie irrten zunächst ziemlich verwirrt umher, überlebten aber alle drei den Winter.

Der alte Ötscherbär tauchte 1994 nicht mehr auf den gewohnten Plätzen im Rothwaldgebiet auf, und man kann davon ausgehen, dass er im Winter vorher verstorben ist. Immerhin hatte er ein Alter von etwa 25 bis 30 Jahren erreicht und eine neue kleine Bärenpopulation im Ötschergebiet begründet, deren Weiterbestand aber gefährdet war. - Aber das ist eine andere Geschichte.

Zielgruppe

Bärenfreunde

Botschaft

Die ausgedehnten Wälder in den steirisch-niederösterreichischen Kalkalpen um Mariazell sind als Lebensraum für Braunbären durchaus geeignet.

Zusatz-Info

Geländebezeichnungen in den Karten ÖK 50 NL 33-02-04: Bärenlacken, Bärengang; und ÖK 50 NL 33-02-10: Bärensteingraben, Bärensteinmauer, Kleine Bärwies, Bärwiesboden, Bärwiesgraben, Bärenrißkogel, Bärenrißsattel, Bei der Bärtanne.

Quelle

Verfasst von Peter Neuhauser

Forschungsinstitut WWF Österreich: Forschungsbericht Braunbär 1, Wien 1991

Forschungsinstitut WWF Österreich: Forschungsbericht Braunbär 2, Wien 1993

Tippelt, Werner: Der Ötscher. Scheibbs 2002

Österreichische Karte 1:50 000, Blatt NL 33-02-04. BEV, Wien

Österreichische Karte 1:50 000, Blatt NL 33-10-04. BEV, Wien