Das Kreuz mit der Neugier

Aus Landschaftsgeschichten
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Purgier-Kreuzdorn. Foto: Wolfgang Kubelka
Zitronenfalter-Männchen auf Waldplatterbse. Foto: Edith Weiß
Faulbaum mit Früchten. Foto: Wolfgang Kubelka
Faulbaum mit Fraßspuren im Herbst. Foto: Christina Nagl

G’schichtl

Der unscheinbare Strauch mit den leicht zu übersehenden Sprossdornen, den schlampig gegenständigen Knospen und den glänzenden schwarzen Früchten heißt auf gut waldviertlerisch „Hundsbia“, also Hundsbeere, was aber eher einen Sammelbegriff darstellt für alle Beeren, die nicht besonders schmecken, vielleicht sogar giftig sind, auf jeden Fall nicht für den menschlichen Verzehr gedacht sind.

An wärmegetönten Plätzen, in sonnigen Heckensäumen wächst der sparrige, scheinbar unnütze Purgier-Kreuzdorn (Rhamnus cathartica) und gibt sich nur auf den zweiten Blick zu erkennen. Viel auffälliger ist da schon der Zitronenfalter, und der würde uns nicht im Frühling erfreuen können, gäbe es da nicht den Kreuzdorn oder dessen feuchtigkeits-verträglichen Bruder, den Faulbaum (Frangula alnus). Beide Gehölze stellen die Nahrungsquelle für die Raupen dar und auch die Kinderstube. Der kleine Falternachwuchs trotzt dem Gift des Strauches, beim Menschen bewirkt der Verzehr Erbrechen und Durchfall. Bei der dazu nötigen Dosierung gehen die Meinungen auseinander, also sollte man bei Selbstmedikation behutsam vorgehen.

An einem schönen Spätsommertag fand ich in einer Hecke ein besonders prächtig fruchtendes Exemplar und konnte nicht widerstehen. Was sollen zwei so kleine Früchtchen schon großartig anrichten? In manchen Büchern las ich von „leicht giftig“, „sanft abführend bei Verzehr von 10 Früchten“, was sollte also schiefgehen?

Mein Mann und ich befanden sich schon am Heimweg von unserem ersten Tag seit fünf Jahren ganz ohne Kinder in trauter Zweisamkeit – der zehnte Hochzeitstag. Die Schwiegermutter hatte drauf bestanden, also überließ ich ihr mit flauem Gefühl die Obhut über unsere beiden Sprösslinge. Herrliches Wetter, ein netter Ausflug, zum Schluss noch der Besuch eines Rosengartens und dessen Hinterhof – samt Kreuzdorn!

Zum Glück war das Mittagessen nicht so besonders, sonst wäre mir später leid drum gewesen. Kaum daheim, wurde mir ziemlich übel, die beiden glänzenden schwarzen Steinfrüchte erzielten ihre purgierende (= abführende) Wirkung, die bis nächsten Tag anhielt. Im Nachhinein kann ich drüber lachen, muss aber auch gleichzeitig davor warnen, giftige Pflanzen so leichtsinnig auszuprobieren, denn die heimische Pflanzenwelt hat noch weit gefährlichere Kaliber auf Lager.

Zielgruppe

Naturinteressierte Personen, Botaniker

Broschüre: "ab 14 Jahren"

Anwendung: Frühjahr, Sommer, Herbst

Botschaft

Der Kreuzdorn stellt für die Raupen des Zitronenfalters eine wichtige Nahrungsquelle dar, für den menschlichen Verzehr ist diese Pflanze allerdings ungeeignet.

Zusatz-Infos

Die Samen des Kreuzdorns sind ölhaltig. Dieses Öl kann für die Herstellung von Seifen oder Druckerfarbe verwendet werden.

Quelle

Verfasst von Edith Weiß