Beschwingte Skiliftfans

Aus Landschaftsgeschichten
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G'schichtl

Ein prächtiger Frühlingstag im Hochgebirge. Die letzte Skitour des Jahres lockt. Das kullernden "Grugeln" eines balzenden Birkhahns trägt von einer exponierten Kuppe am Gegenhang bis zu uns ach so „sanften“ Touristen. Auch die Liftanlagen dort sind noch allenthalben in Betrieb. Schneekanone und Frau Holle sei Dank! Immerhin ist Österreich Skiweltmeister - immer schon. Weltklasse auch, was den Wintertourismus betrifft. Allein Tirol, das alpine Herz der Republik, verzeichnet in der Wintersaison über 25 Millionen Nächtigungen – pro Jahr! Konflikte zwischen unseren Raumansprüchen und den Bedürfnissen alpiner Tiere sind da unvermeidlich. Raue Konflikte - Raufußhuhnkonflikte! Der Schweizer Wildbiologe Peter Meile hat diese schon in den 1980er Jahren in Tirol und der Schweiz untersucht und festgestellt, dass Birkhuhn und Mensch ähnliche Vorstellung von „Plätzen mit schöner Aussicht“ haben. Als Balzplätze lieben die „Spielhähne“ nämlich weite, freie Kuppen und Rücken mit geringer Horizonteinengung, großer Horizontdistanz und gutem Sichtwinkel. Motto: „Vorsicht, der nächste Steinadler kommt bestimmt, und Achtung, Hennen, hier bin ich!" Die genannten Geländewerte bestimmen aber auch die Qualität der Aussicht für den Skitouristen, sind beliebte Treff- und Rastpunkte während der Abfahrt. Solche Geländepunkte sind zudem ideal für die Anlage von Bergstationen geeignet. Konflikte also vorprogrammiert? Nicht, doch! Um Liftstationen balzende Birkhähne sind nicht selten, wie Seilbahnunternehmer gerne betonen. Sind Hühner also Liftfans? Eher sind sie –ganz unösterreichisch - konservative Sturschädel, die zäh an ihren angestammten Lieblingsplätzen festhalten! Was also wie ein harmonisches Miteinander wirkt, ist in Wahrheit ein Nutzungskonflikt zwischen Mensch und Tier. Da lachen keine Hühner!


Zusatzinfo

Grundsätzlich zeigen mehrere Untersuchungen, dass sich in stärker genutzten Wintersportgebieten die Störereignisse für Birkhühner erhöhen bzw. auch zusätzliche Mortalitätsfaktoren (etwa Seilanflüge) auftreten, und dass sich die Dichten des Birkwildes im Bereich von Liftanlagen verringern. Hinweise auf positive Einflüsse der Almwirtschaft auf das Habitatangebot des Birkhuhns an der Waldgrenze (Freihalten von Flächen vor Bewaldung!).

Quelle

Original von Armin Landmann (AviWiki)

  • Meile, P. (1982): Wintersportanlagen in alpinen Lebensräumen des Birkhuhns (Tetrao tetrix). Veröffentlichungen der Universität Innsbruck 135. 101 S.
  • Patthey, P., Wirthner, S., Signorelli, N. & R. Arlettaz (2008): Impact of outdoor winter sports on the abundance of a key indicator species of alpine ecosystems. J. Appl. Ecology 45, 2008 (online Version): 1-8 pp.