Über das "Wurzer Pflaster"

Aus Landschaftsgeschichten
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G'schichtl

Schon seit mehreren Generationen wurde in einem Bauernhof in St.Oswald, im südlichen Waldviertel, nach überlieferter Rezeptur das sogenannte „Wurzer Pflåsta“ als urmedizinische, wirksames Heilmittel hergestellt. Mit ziemlicher Sicherheit ist der Name des „Wurzer Pflåsta“ dem damaligen und ursprünglichen Hersteller dieser ockergelb farbigen, im Pergamentpapier gewickelten Salbe zurückzuführen. Es gibt kaum Menschen in unserer Gegend und auch darüber hinaus, die diesen Begriff „Wurzer Pflåsta“ in ihrem Leben nicht schon gehört oder selbst am eigenen Leib angewendet haben.

Meine Informationen über das „Wurzer Pflåsta“ habe ich aus der Radiosendung 4/4, im Juli 1985, die damals aus unserer Gemeinde übertragen wurde, entnommen. Aus diesem Interview des ORF Moderator Frank Lester mit Frau Maria Brunner, Fachfrau und Expertin für natürliche Heilmittel, möchte ich die Fragen und Antworten eins zu eins wiedergeben.

Natürlich stellt sich zunächst einmal die Frage, woraus wird dieses „Pflåsta“ hergestellt und wie und wofür wird es angewendet? Dazu gibt Frau Brunner folgende Angaben:

„Waldpech, Bienenwachs, Kampfer und Unschlitt“ (Talg) sind die Bestandteile dieses „Pflosta“. Angewendet wird es indem man es auf einem Leinenfleckerl aufstreicht und für eitrige Wunden, Entzündungen, Kreuz-, Knie- und Gelenksschmerzen die oftmals auch altersbedingt sein können auflegt, kurzum für „ållas wo’s weh tuat.“

Frau Brunner verheimlicht nicht, dass Menschen von „weit und broat“ mit ihren Beschwerden zu ihr kommen. Nun, wie häufig ist der Andrang solcher „Patienten?“ Frau Brunner überlegt kurz und meint: „Månch‘n Tåg sand‘s viele, månch‘n Tåg weniger und månchen Tåg går niemånd.“ Und schon ergibt sich die nächste Frage. Wer kommt häufiger zu ihnen, sind es die Frauen oder die Männer? Ganz spontan folgt die Antwort: „Gånz gleich, mål sand‘s die Frauen, mål die Männer, ållan, denen wås wås weh tuat“.

In diesem Zusammenhang möchte ich die persönlichen Erfahrungen meines Bruders mit dem „Wurzer Pflåsta“ erzählen. Es mag so ca. vor den 1970er Jahren gewesen sein, als mein Bruder bei einem Arbeitsunfall eine Verletzung am Mittelfinger erleidet. Aufgrund dieser Verletzung musste ein Stück vom Finger amputiert werden. Für den weiteren Heilungsprozess wurde er aus dem Krankenhaus in die hausärztliche Versorgung entlassen. Doch der Zustand verbesserte sich nicht. Ganz im Gegenteil! Laut Diagnose des Hausarztes war zu befürchten, sollte keine Besserung eintreten, war eine weitere Amputation nicht auszuschließen. Eine einzige Chance stellte der Hausarzt in Aussicht, die Anwendung des „Wurzer Pflåsta“. Diesen Rat befolgte mein Bruder auch. Eine Woche später war er wieder zur Kontrolle in die Ordination des Hausarztes bestellt worden. Diesmal war der Arzt fassungslos über den Heilungsfortschritt. Das angewendete „Wurzer Pflåsta“ hatte einen kleinen Knochensplitter von der operativen Entfernung zu Tage gebracht und schon in kurzer Zeit war die Wunde völlig verheilt.

Botschaft

Als Zeitzeuge möchte ich die Bemerkung anbringen, den Fokus sehr wohl auf Schulmedizin zu richten, aber gleichzeitig, Altbewährtes aus der „Apotheke Gottes“ zu bewahren.

Quellen

Rosemarie Pöcksteiner – St.Oswald

Maria Brunner, in der Radiosendung 4/4, im Juli 1985